Der Kampf für Gleichheit am Arbeitsplatz
10. März 2023 I lt. Stadt Gelsenkirchen / Gelsenkirchenen Geschichten
Nachdem montanindustrielle Arbeit in Gelsenkirchen jahrzehntelang Arbeit von Männern bzw. männliche Arbeit bedeutet hatte, zogen mit dem Strukturwandel und der Ausweitung des Dienstleistungssektors verstärkt auch Frauen in die Arbeitswelt ein. Die Frauenerwerbsquote liegt im Ruhrgebiet und in Gelsenkirchen auch immer noch unter der vergleichbarer deutscher Ballungsräume, wobei die Bundesrepublik selbst wiederum eine z.T. erheblich geringere Frauenerwerbstätigkeit aufweist als andere europäische Staaten. Das “Einrücken” vieler Frauen in die Arbeitswelt bedeutete nicht nur im betrieblichen Alltag gravierende Veränderungen, die selten in den Blick genommen werden. Gerade auch tarif- und sozialpolitisch bedeutete die Umsetzung einer gleichen Behandlung von Frauen und Männern in den Betrieben massive Auseinandersetzungen. Vorreiter im Kampf um gleichen Lohn wurden die Gelsenkirchener “Heinze-Frauen”. Sie kämpften 1981 für gleiches Recht (Entlohnung ) bei gleiche Arbeit.
29 beschäftigte Frauen hatten den Mut sich gegen die geringere Bezahlung gegenüber den männlichen Kollegen zu wehren und lösten mit dieser Aktion bundesweites Aufsehen und eine Flut von Folgeprozessen aus. Dieser Kampf der Frauen war wegweisend für die spätere Gleichberechtigung von Mann und Frau am Arbeitsplatz.
Die Forderung war: “Wir wollen gleiche Löhne!” für gleiche Arbeit.
Die Firma Heinze-Fotolaborbetriebe betrieb mehrere Großlabors und hatte in Gelsenkirchen das Stammwerk zuerst in der Dessauerstrasse 20 in Ückendorf und zog dann in den 70 Jahren in die Magdalenenstr. 45
Foto Heinze bot Ende der 1970er Jahre etwa 500 Frauen Arbeitsplätze. Bis 1978 wurden bei Heinze fast nur Frauen eingestellt. Als das Unternehmen dann die Nachtarbeit einführte, wurden auch Männer eingestellt, welche dann die gleiche Arbeit verrichteten sollten wie die Frauen und das in der gleichen Lohngruppe. Schnell zeigte sich dann aber, dass die Männer außertarifliche Zulagen erhielten, welche den Frauen nicht gezahlt wurden.
Der Zuschlag der Frauen lag zwischen zwölf Pfennig und 1,40 Mark, erhielten aber gar keine Zulage. Im Durchschnitt erhielten die Frauen 19 Pfennig an Zulage, während die Männer in der gleichen Abteilung eine Zulage von mindestens 1,50 Mark erhielten. Weiterhin bekamen die Frauen auch keine Nachtschichtzulage, weil zu dieser Zeit Nachtarbeit für Frauen verboten war. Begründet wurde die höhere Zulage damit, dass man für den Tariflohn von 6:00 Mark keine ordentlichen Mitarbeiter bekommen könnte
Die Geschäftsleitung der Firma Heinze ging auf die Forderungen der Frauen nach gleichem Lohn nicht ein. Nachdem die Industriegewerkschaft Druck und Papier Unterstützung zugesichert hatte, erklärten sich eben diese, 29 Frauen bereit, vor einem Gericht die Gleichbehandlung und so eine Lohngleichheit zu erkämpfen. Die darauf folgende juristische Auseinandersetzung, in der es ja auch um die Durchsetzung von Nachzahlungen von vielen Monaten ging, führte durch die verschiedenen Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht in Kassel.
Historischer Sieg vor dem Arbeitsgericht
Viele Gelsenkirchener erklärten sich mit den Heinze Frauen solidarisch. Von außerhalb kam sehr viel Unterstützung seĺbst Politiker wie eine Annemarie Renger unterstützen diese Frauen in ihrem Kampf
Zur Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Am 10. Mai 1979 kam es zur Verhandlung vor dem Arbeitsgericht, an dem über 200 Gelsenkirchener teilnahmen. Nach dem dortigen Sieg der “Heinze Frauen” vor dem Gelsenkirchener Arbeitsgericht ging die Firma Heinze in die Revision, was dann vom Arbeitgeberverband unterstützt wurde. Das Landesarbeitsgericht in Hamm entschied im September 1979 gegen die Frauen, was die mitgereisten Zuhörer zu lautstarken Wutausbrüchen veranlasste. Dagegen gingen nun die Frauen, wieder mit der Gewerkschaft, in Revision und etwa 7000 mitgereiste solidarische Frauen erschienen 1981 in Kassel vor dem Bundesarbeitsgericht. Hier siegten dann endgültig die Frauen. Dies war tatsächlich ein wichtiger Sieg für die Gleichheit von Löhnen futr Frauen und Männer. Außerdem wurde im Urteil festgehalten, das den Frauen nach dem Gleichheitsprinzip eine Nachzahlung von etwa 100 000 Mark zustand. Aus dieser Erstattung wurde dann aber nichts mehr, weil kurz darauf die Fa. Heinze mit 50 Millionen DM Schulden, Konkurs anmelden musste
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