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Aber: Es wird ein Haushalt mit vielen Unbekannten
11. August 2022 | Stadt Gelsenkirchen
GE. Die gute Nachricht, die Oberbürgermeisterin Karin Welge zur Haushaltseinbringung am Donnerstag überbringen kann, lautet: „Die Stadt Gelsenkirchen legt erneut einen haushaltsrechtlich ausgeglichenen Haushalt vor!“ Dieser Aussagen folgt aber unmittelbar der Hinweis, dass dieser Haushalt so viele Unbekannte hat wie noch nie.
Gerade auf der Einnahmenseite musste die Verwaltung mit zahlreichen Schätzwerten arbeiten. Besonders der Umfang der Steuereinnahmen ist angesichts der konjunkturellen Unwägbarkeiten nur sehr ungefähr zu beziffern. Auch die Höhe des zweiten großen Einnahmeblocks, der Schlüsselzuweisungen, steht noch nicht fest.
Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff zu den Daten: „Der städtische Haushaltplan 2023 weist bei einem Gesamtvolumen von rd. 1,2 Mrd. Euro einen faktischen Fehlbedarf von rd. 11,1 Mio. Euro aus; da wir in den vergangenen Jahren aber gut gehaushaltet haben und Geld zurücklegen konnten, können wir dieses Geld aus unserer Ausgleichrücklage entnehmen und den Fehlbetrag decken. Rechtlich gilt der Haushalt damit als fiktiv ausgeglichen.“
Sicher ist bereits jetzt, dass für das Haushaltsjahr 2023 in Abhängigkeit vom weiteren Verlauf des Ukraine-Krieges mit relevanten Mehrbelastungen, insbesondere in Form von Energie- und Baupreissteigerungen, gerechnet werden muss. Soweit möglich wurden diese Kostensteigerungen bekannt sind. im vorliegenden Haushaltsentwurf berücksichtigt.
Der zur Ratssitzung vorliegende Planungsstand weist für das Haushaltsjahr 2023 einen Fehlbedarf von etwa 11,17 Mio. Euro aus. Im Verlauf der mittelfristigen Planungen (2024 bis 2025) reduziert sich diese Unterdeckung. Im Planjahr 2026 wird danach mit einem moderaten Überschuss von rd. 0,28 Mio. Euro gerechnet.
Um trotz der Mehrbelastungen zumindest einen fiktiv ausgeglichenen Haushalt aufstellen zu können, wurde zum Haushaltsentwurf 2023 erstmalig von der Option des sogenannten globalen Minderaufwands Gebrauch gemacht. So können Minderaufwendungen von bis zu 1 Prozent der ordentlichen Gesamtaufwendungen unterstellt und aufwandsmindernd ausgewiesen werden. Die tatsächlichen Einsparungen in entsprechender Höhe sind dann in der späteren Haushaltsbewirtschaftung im Jahr 2023 umzusetzen.
„Wir werden den Haushalt also sparsam bewirtschaften müssen, um unsere Ziele zu erreichen“, macht Oberbürgermeisterin Karin Welge deutlich. „Für das städtische Budget heißt das nichts Anderes als für jede Privatperson auch: Wir müssen schauen, wie wir über die Runden kommen. Oder anders gesagt, und diese Wahrheit kann ich den Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchenern nicht ersparen: Uns steht mit diesem Haushalt viel Arbeit bevor, und das nicht deshalb, weil es darum geht, die schönsten Projekte noch mit dem Schleifchen in der richtigen Farbe zu versehen. Es geht darum, das breite Leistungsspektrum unserer kommunalen Aufgaben weiterhin verlässlich zu erbringen und die Daseinsvorsorge zu sichern. Wir konzentrieren uns auf unser Kerngeschäft und wichtige Investitionen in die Zukunft. Denn gerade jetzt liegen viele Herausforderungen vor uns, um die klima- und weltpolitische Lage zu bestehen.“
Einmal mehr macht der Haushalt für das Jahr 2023 deutlich, dass die finanziellen Herausforderungen der Stadt Gelsenkirchen weit überwiegend struktureller Natur sind.
„Zunächst sind hier die stetig ansteigenden Sozialtransferaufwendungen zu nennen“, erläutert Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff. „Besonders auffallend stellt sich die Aufwandsentwicklung im Bereich der Hilfen zur Erziehung (HzE) dar. Um Kindern und Jugendlichen zu helfen, sie zu schützen und zu unterstützen, sind durch die Stadt Gelsenkirchen in den vergangenen Jahren erhebliche finanzielle Belastungen zu tragen gewesen, die darüber hinaus rapide zunehmen. Eine weitere substanzielle Herausforderung für den Gelsenkirchener Haushalt resultiert aus den nicht auskömmlich gegenfinanzierten, kommunalen Aufwendungen im Zusammenhang mit der Zuwanderung von Geflüchteten und Personen aus Südosteuropa, deren Ursachen und Ausmaß durch die Stadt Gelsenkirchen nicht zu beeinflussen sind.“
Ein weiterer Kostenpunkt ist die Landschaftsumlage, die an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) entrichtet wird. Sie steigt erheblich und wird bis 2026 auf jährlich 122,6 Mio. € ansteigen
Für Stadtkämmerer Luidger Wolterhoff ist klar, dass diese drohende Belastungsentwicklung für Gelsenkirchen mittelfristig nicht ohne erhebliche Einschnitte an anderer Stelle zu finanzieren sein wird.
Zu den vorgenannten strukturellen und bereits länger wirkenden Belastungseffekten treten neue hinzu, welche die ohnehin angespannte Haushaltssituation der Stadt Gelsenkirchen weiter verschärfen.
Die auf die Folgen des Ukraine-Kriegs zurückzuführenden enormen Energie- und Baupreissteigerungen belasten auch den Gelsenkirchener Haushalt, auch wenn sie in ihrem vollen Ausmaß derzeit noch nicht verlässlich angenommen werden können. Relativ konkret bezifferbar und daher bereits im Haushalts-entwurf veranschlagt, sind Mehraufwendungen für die Gas- und Stromversorgung der städtischen Immobilien und Verkehrsinfrastruktur in Höhe von rd. 7 Mio. Euro. Weitere relevante durch die Energiepreise hervorgerufenen Mehrbedarfe (z. B. Kosten der Unterkunft) sind zu befürchten.
Für Gelsenkirchen ruft Oberbürgermeisterin Karin Welge zu Gemeinsamkeit auf, um die Menschen gut durch diese dreifache Krise von Krieg, Klima und Corona zu bringen: „Es kommt jetzt darauf an, Haltung zu zeigen. Es kommt darauf, die Demokratie und die Demokraten in Europa zu verteidigen; es kommt darauf an, gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern, Härten abzufedern, Menschen zu stärken und zu befähigen, den Wandel mitzugehen und sinnvoll zu gestalten – und die energiepolitischen Chancen zu ergreifen, die darin liegen, denn die gibt es ja auch! Es kommt darauf an, unseren Gestaltungauftrag anzunehmen, die Daseinsvorsorge zu sichern und den energiepolitischen Strukturwandel für unsere Region mitzugestalten!“
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